Kirchenvorstand

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Oktober

Als Abschluss zur Reihe Liturgie möchte ich ihnen hier noch ein kleines Begriffslexikon vorstellen:

Das Kirchenjahr neigt sich seinem Ende zu. Nachdem wir in den Ausgaben unseres Gemeindeboten verschiedene liturgische Stücke erklärt haben, soll in dieser Ausgabe eine Art Begriffslexikon für die einzelnen Teile unseres evangelischen Gottesdienstes stehen.

Introitus Damit wird das musikalische Stück zum Beginn des Gottesdienstes näher bezeichnet. In der alten Kirche erklang diese Musik zum Einzug der Altardiener. Auch im evangelischen Raum gibt es heute noch Gemeinden, in denen der Pfarrer gemeinsam mit den Lektoren während des Introitus einzieht.

Gloria patri Darunter versteht man den liturgischen Gesang: \"Ehre sei dem Vater und dem Sohn... \"Es ist ein Lobpreis Gottes, mit welchem der Gottesdienst nach dem Eingangslied liturgisch eröffnet wird. Nun folgt das

Kyrie eleison Darunter verstehen wir die dreifache Anrufung Christi. Dieser Gebetsruf stammt ursprünglich aus der griechisch-orthodoxen Tradition.

Kollektengebet Dieses Gebet ist auf den jeweiligen Tag im Kirchenjahr bezogen. Es nimmt den Inhalt des Gottesdienstes auf und bringt diesen im Gebet der Gemeinde vor Gott. Deshalb antwortet die Gemeinde auf dieses Gebet auch gemeinsam mit Amen.

Epistel Dies ist die Brieflesung im Rahmen des Gottesdienstes. Sie ist eine der drei Schriftlesungen und wird in der Regel durch das dreifache Halleluja der Gemeinde abgeschlossen. Weitere Schriftlesungen im Gottesdienst sind die alttestamentliche Lesung und das

Evangelium In dieser Schrift Lesung wird Jesu Wort aus einem der vier Evangelien gelesen. Es stellt den eigentlichen Höhepunkt aller drei Lesungen im Gottesdienst dar.

Graduallied Dieses Lied wird auch als Wochen Lied bezeichnet. Im Gottesdienst der alten Kirche wurde zwischen den Lesungen ein Psalm gesungen. Heute ist das Wochenlied an diese Stelle getreten. Es nimmt inhaltlich Bezug auf dem Sonntag im Kirchenjahr.

Alle anderen Teile der Liturgie erklären sich meist selbstredend aus ihren Bezeichnungen. Sicher ist es nötig, dass wir vielleicht auch in thematischen Gottesdiensten der Liturgie einen Platz außerhalb ihres Vollzuges einräumen.
Ihr Pierre Große

August

Das Heilige Abendmahl
Das Abendmahl wurde durch unseren Herrn Jesus Christus selbst eingesetzt. Es ist eine Fortsetzung des so genannten Passahmahles. Das Passahfest (Hebräisch auch Pessach) - ist das jüdische Hauptfest in Israel. Es ist ursprünglich das Fest zum Dank des Auszugs aus Ägypten. Bei diesem Auszug, so berichtet uns das Alte Testament, haben die Israeliten die Pfosten ihrer Haustüren mit dem Blut erstgeborener Tiere bestrichen. Der Todesengel, den Gott gesandt hatte, ging an den so gekennzeichneten Häusern vorüber und verschonte die Kinder Israels. Im Andenken an dieses Ereignis werden bis heute zum Pessachfest sogenannte Opferlämmer geschlachtet. In den jüdischen Familien wird gemeinsam ein großes Festmahl ausgerichtet.

Jesus hat im letzten Pessach vor seinem Tod, das er mit seinen Jüngern feierte, das Abendmahl eingesetzt. In den Worten, die er dabei sprach (Lukas-Evangelium Kapitel 22, Verse 19 und 20) wird deutlich, dass Jesus nunmehr selbst zum Opferlamm für die ganze Menschheit wird. Damit wird aus dem relativ anonymen Opfer eines Tieres das Opfer Gottes, in welchem er seinen einzigen Sohn zur Befreiung aller Menschen gibt.

Die Gemeinschaft, die er an diesem Abend mit seinen Jüngern stiftete, ist der tiefe Inhalt unserer heutigen Abendmahlsfeiern. Vielleicht wird uns daraus deutlich, wie wichtig die Gemeinschaft der Gemeinde im Heiligen Abendmahl auch heute noch ist. Der geordnete, liturgische Ablauf der Abendmahlsfeier soll uns in besonderer Weise immer wieder an dieses erste Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern erinnern.

Im Zentrum der Abendmahlsliturgie stehen die Einsetzungsworte nach einem Bericht aus dem ersten Brief des Paulus an die Korinther im 11. Kapitel, in den Versen 23-25:
„Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach’s und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.“

April

Die Liturgie in der Fastenzeit (im evangelischen Verständnis heute meist Passionszeit genannt) und die der österlichen Freudenzeit sind aufgrund ihres inhaltlichen Charakters völlig unterschiedlich gestaltet. Die Fastenzeit und Ostern waren für die neu entstehende christliche Kirche der Ausgangspunkt für die Gestaltung des ganzen Kirchenjahres. Ursprünglich wurde in der alten Kirche jeder Sonntag als eine Feier des Osterfestes begangen. Dies ist der entscheidende Grund dafür, dass in der christlichen Tradition der Sonntag als erster Tag der Woche gefeiert wird.

Die Passionszeit umfasst die so genannten drei Vorfastenwochen, an die sich die eigentliche Fastenzeit von vier Wochen anschließt. Die Fastenzeit endet in der Karwoche mit den Tagen Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag. In der Passionszeit wird in den Gottesdiensten und auch wöchentlichen Andachten des Leidens und Sterbens Jesu gedacht. Aus diesem Grund sind auch liturgische Elemente der Freude und Fröhlichkeit mit zunehmender Passionszeit immer weniger zu finden. So ist zum Beispiel das österliche Halleluja in der Liturgie der Passionszeit nicht mehr zu finden.

Der noch aus der alten römischen Kirche stammende Charakter der Fastenzeit erlebt in letzter Zeit auch im Leben evangelischer Kirchen eine Wiederbelebung. Fastenbräuche bestehen beispielsweise darin, in den 40 Tagen der Passionszeit auf bestimmte, lieb gewordene Dinge zu verzichten.
Nach unserem evangelischen Verständnis sollen wir dadurch mehr Zeit gewinnen, um uns bewusster mit dem Leiden und Sterben Jesu auseinander zusetzen.
Im Sinne der römischen Kirche diente die Fastenzeit der persönlichen Buße und Zubereitung auf das Osterfest. Martin Luther hat den Gedanken der Selbstrechtfertigung verworfen, und wir wissen aus der Bibel, dass unsere Gerechtigkeit vor Gott nur durch Jesus Christus und den Glauben an ihn kommt. Wir können uns nicht selbst erlösen, auch nicht durch treues Fasten.

Der Gründonnerstag ist geprägt durch das letzte Essen, das Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hat. Dieser Tag wird auch im Verständnis unserer evangelischen Kirche als Einsetzung des heiligen Abendmahls verstanden.
Das heilige Abendmahl wird in protestantischen Kirchen am Karfreitag in besonderer Weise gefeiert. In manchen Kirchen ist es üblich, während der Abendmahlsliturgie an diesem Tag die Altarkerzen zu löschen.

In der Andacht zur Sterbestunde Jesu (14:00 Uhr am Nachmittag des Karfreitags) wird der Kreuzigung Jesu gedacht. Texte aus der Passionsgeschichte werden verlesen. Am Ende der Karfreitagandacht schweigen die Glocken.

Der Karsamstag (auch als stiller Samstag bezeichnet) ist ein Tag, an dem in besonderer Weise jeder persönlich Gelegenheit haben soll, über das Leiden und Sterben unseres Herrn Jesus Christus nachzudenken und sich selbst auf das Osterfest vorzubereiten. Dies kann zum Beispiel durch das Lesen von Texten der Passion Jesu, durch Meditation österlicher Texte und durch das Gebet geschehen. Im evangelischen Verständnis sollte man diesen Tag als einen Tag der Stille und Zurückgezogenheit begehen.

Die römische Kirche beginnt das Osterfest bereits in der Osternacht mit einer Auferstehungsfeier. Auch in den protestantischen Kirchen wird dieser Brauch zunehmend wieder gefeiert. Die Osternachtsfeier beendet die Zeit der Trauer und leitet über zur Freude. In der alten Kirche wurde das Fasten beendet und zum Feiern übergegangen. In der Osternacht wird die Osterkerze entzündet, die dann während der ganzen österlichen Freudenzeit bis hin zum Trinitatisfest in unseren Kirchen leuchtet. Sehr oft wird die Auferstehung Jesu in evangelischen Gemeinden am frühen Morgen auf dem Friedhof gefeiert. Dies geschieht in einer liturgisch recht schlichten Feier, in der ebenfalls die Osterkerze entzündet und anschließend in die Kirche getragen wird.

Der Ruf der alten Kirche: „Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!“ erschallt vom Ostersonntag bis zum zweiten Osterfeiertag in jedem Gottesdienst. Auch das Halleluja darf nun wieder ganz neu in der Osterliturgie erklingen. In besonders ausgeprägten Liturgien beginnt nun wieder neu das Singen der so genannten Halleluja-Verse, die vom dreifachen Halleluja der Gemeinde umrahmt sind. Das Nachdenken über die Passionszeit und die Osterzeit macht uns deutlich, wo der Ursprung, Sinn und tiefe Inhalt allen liturgischen Singens und Betens liegt.
Pierre Große

Februar

Die Liturgie - 2. Das Geläut unserer Glocken

In diesem Brief soll der begonnene Beitrag zur Liturgie fortgesetzt werden. Heute wollen wir uns mit dem Geläut unserer Glocken beschäftigen.

Seit etwa 5000 Jahren wissen die Menschen von läutenden Glocken. Jedoch erst gegen Ende der antiken Zeitepoche sind Glocken in der liturgischen Bedeutung des Christentums vorzufinden. Sie gehören gemeinsam mit der Orgel in unseren Kirchen schon sehr früh zu den Musikinstrumenten unserer Kirche. Glocken haben mehrere Funktionen. Sie rufen uns einerseits zu den Gottesdiensten oder zu anderen Veranstaltungen der Gemeinde. Andererseits sind unsere Glocken weithin über unseren Ort zu hören. Damit nehmen auch die, die nicht zum Gottesdienst kommen können am Geschehen unserer Kirche teil. Somit wird auch die Gemeinschaft der Glaubenden akustisch in Wittgensdorf wahrnehmbar.
Im Normalfall werden Glocken aufgrund ihres weichen Klanges auch nicht als unangenehm empfunden.

In den Gottesdiensten der alten Kirche wurden Glocken als akustische Zeichen für Gebet und Verkündigung verwendet. In der vorreformatorischen Zeit wurde das Läuten der Glocken durch päpstliche Verordnungen, sowohl in den Klöstern, also auch in Pfarrkirchen festgelegt. Auch nach der Reformation wurden bestehende Läuteordnungen mit kleinen Veränderungen beibehalten. Heute noch ist, sowohl in katholischer, als auch evangelische Kirche das Glockenläuten ein verbindendes ökumenisches Element.

Wenn unsere Glocken mehrmals am Tag läuten, hat dies auch verschie-dene Bedeutungen. In der Woche kennen wir das Morgen-, Mittags- und Abendläuten. Zu diesen Zeiten werden die Christen zum Gebet gerufen und die Glocken erinnern uns in besonderer Weise daran, dass es Zeit ist mit, unserm Gott zu reden. Am Sonntagmorgen läuten die Glocken den Tag des Herrn ein. Sie rufen uns mit ihrem vollen Klang zum Gottesdienst. Auch bei so genannten Kasualien wird nach festgelegten Ordnungen geläutet. Hier dienen Glocken auch der Sammlung zum Gebet und dem Gedenken an bestimmte Ereignisse im Leben von uns Menschen.

Der Glockenschlag unsere Kirchturmuhr ist ein Sinnbild für den Fortgang und das Vergehen der Zeit. Er weist uns auch auf die Vergänglichkeit der Welt in der wir leben. Auch dieser Glockenschlag kann Einladung zum Innehalten und Stillwerden sein.

Uns wird deutlich, welch große Bedeutung und welchen Platz die Glocken in der Liturgie unseres Gottesdienstes haben.
Ihr Pierre Große

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